Neuer Flitzer: Kalkhoff Entice

So richtig passt der Begriff Sport Utility Vehicle (SUV) ja eigentlich gar nicht zum Auto: Nützlich mögen die Stadt-Geländewagen ja sein, aber sportlich ist hier maximal die Optik. Kein Wunder also, dass auch die Fahrrad-Branche die Bezeichnung mittlerweile aufgegriffen hat.

Die Marke Kalkhoff setzt das Thema eSUV mit der Modellreihe Entice um: Sportlicher, dynamischer und vor allem geländegängiger als das Stadt- und Trekking-Rad und dabei vielseitiger und alltagstauglicher als es ein Mountainbike wäre. Ob den täglichen Ritt durch die Stadt ins Büro oder den Umweg durch den Wald – mit dieser Fahrrad-Kategorie soll vieles gehen.

Ich habe mir das Entice im Rahmen eines Firmen-Leasings ausgesucht und seitdem jede Menge Spaß damit. Die Optik mit dem integrierten Akku und der modernen Linienführung finde ich sehr gelungen, durch die Schutzbleche, den Gepäckträger und die integrierte Beleuchtung ist das Pendeln im wahrsten Sinne eine saubere Sache und Federgabel, bullige Reifen und tolle Bremsen erhöhen den Spaßfaktor abseits des Asphalts.

Kalkhoffs Modellvielfalt und -bezeichnung ist komplex und nicht gerade eingängig, hat aber immerhin eine gewisse Systematik: Die genaue Bezeichnung meines Rads ist Entice 7B Advance. Da Kalkhoff in dieser Modellreihe nur Bosch verbaut, haben schon mal alle das B im Namen. Neben einer 7 gibt es auch 5 und 3 – das sind die „Plattform-Level“, durch die etwa die Motor-Wahl getroffen wird. Statt dem Suffix Advance werden auch die Ausstattungsvarianten Excite (höher) und Move (niedriger) sowie Season (ich schnall‘s auch nicht) angeboten und somit bestimmt, welche Komponenten (Bremsen, Beleuchtung, Schaltung etc.) verbaut sind.
Für manche Fahrer kann das abschließende „+“ eine Rolle spielen, denn hier ist das zulässige Gesamtgewicht um 40 Kilo auf 170 Kilo angehoben. Da es jedes Modell jetzt auch noch in zwei Rahmenformen (Diamant mit durchgezogenem Oberrohr für den Herrn und Trapez für die Dame) sowie drei Größen (S bis XL) gibt und in der Regel zwei Farbvarianten zur Verfügung stehen, können sich wahrscheinlich 30 Entice-Fahrer treffen und dennoch hat jeder ein etwas anderes Fahrrad.

Aber zurück zu meiner Wahl, die in der Praxis dann gar nicht so groß war. Denn wenn man genauste Vorstellungen von allen Komponenten und der Farbe hat, muss man mit einer Vorlauffrist von einigen Monaten bestellen. Die Nachfrage ist deutlich gestiegen und kann gleichzeitig pandemiebedingt nicht in gleichem Maße gestillt werden.
Nachdem ich einige Räder ausprobiert und das Entice grundsätzlich für gut befunden habe, war mir wichtig, dass der Bosch CX-Antrieb der vierten Generation und das Kiox-Display verbaut sind. Ob jetzt eine Shimano oder eine Sram die Gänge wechselt ist mir ziemlich egal und die möglichen Farbvarianten haben mir beide gefallen.

Reifen und Rahmen

Saubere Schweißnähte, wertige Oberflächen und schöne Kabelführungen sind offensichtliche Details des stabilen Alu-Rahmens, der in der Diamantform durch das durchgängige Oberrohr sehr viel besser zur Geltung kommt als beim Damenmodell. Das zulässige Gesamtgewicht für Rad, Fahrer und Gepäck wird mit 130 Kilo angegeben. Offiziell darf ich also 20 Kilo Gepäck dabei haben, da das Rad etwa 25 Kilo wiegt. (Ja, rechnet Euch mein Gewicht ruhig aus…) Das Gewicht des Fahrrads merkt man eigentlich nur, wenn es in den Keller getragen wird und ist ansonsten während der Fahrt nie störend. Ist man langsam unterwegs bleibt es agil und bei mehr Speed vermittelt es gleichsam ein sicheres Gefühl. Das Gepäck ist gut am oder auf dem Racktime-Systemträger untergebracht und für stabilen Stand sorgt ein Seitenständer.

Auf dem Papier hat mein Rad die Farbe moonstonegrey mit magicblack. Ja, so habe ich auch geschaut. Aber ich finde die Farbe schick, modern und nicht zu aufdringlich.

Die bulligen Schwalbe Hurricane Performance mit 27,5 Zoll Durchmesser und 2,25 Zoll Breite laufen geräuscharm sowie mit wenig Widerstand auf der Straße und haben zusätzlich gröbere Außenstollen, die für Kontrolle und Stabilität in Kurven sowie auf Schotterpiste und Feldweg sorgen. Auch Kopfsteinpflaster lässt sich so ertragen.

Die Luftfedergabel von Suntour (Mobie25 Air) geht in Ordnung. Hier hätte ich mir einen größeren Federweg und spaßigeres Ansprechverhalten gewünscht. Kalkhoff hat sich hier im Interessenausgleich des eSUV für mehr Straßenkomfort entschieden. An den Hintern werden Stöße hingegen ganz ungefiltert abgegeben. Hier denke ich über eine gefederte Sattelstütze nach um nicht jedes Schlagloch begrüßen zu müssen.

Motor und Akku

Der Bosch Performance CX hat 36V, 250W und (hier wird’s cool) 85Nm vorzuweisen. Dennoch macht er nicht viel Krach und klingt recht gut und ungequält. Versorgt wird er mit dem PowerTube Li-Ion-Akku mit 625WH, womit sich eine realistische Reichweite von um die 100 Kilometer ergibt. Abhängig ist das neben der Unterstützungsstufe immer von so vielen Faktoren (Temperatur, Untergrund, Gewicht, Reifendruck, Steigung, Start/Stopp), dass die auch an E-Auto-Fahrer immer als erstes gerichtete Frage nach der Reichweite natürlich nur geschätzt werden kann. Spritzigkeit und Spaß waren mir bei der Motorwahl wichtiger als Sparsamkeit und Vernunft. Für ein eSUV ist der ursprünglich für den Mountainbike-Einsatz entwickelte Motor meines Erachtens ideal.

Die Integration des Akkus ist optisch wie technisch gut gelöst. Mit einem Schlüssel lässt sich das teure Stück entnehmen und etwa in der Wohnung laden. Ich finde das etwas friemelig und den Akku so unhandlich, dass ich froh bin ihn auch durch einen Stecker im Rahmen laden zu können. Ein Zusatz-Akku lässt sich nicht anschließen. Bosch bietet drei verschiedene Ladegeräte, die mit 2A, 4A oder 6A laden. Mitgeliefert wird das mittlere.

Display und Steuerung

Wie man an ein Rad in dieser Preisklasse ein Purion oder Intuvia hängen kann ist mir ein Rätsel. Die Displays sind nicht nur ziemlich hässlich und altbacken, sondern kommen auch mit kaum Funktionen daher. Anders ist das beim hier mittig platzierten Kiox, bei dem auch Fitness- und Navigationsdaten hübsch angezeigt werden und über Bluetooth eine Verbindung zur Handy-App besteht. Letztere ist gar nicht so übel und bietet eine Kartenansicht mit Routenplanung, eine Übersicht aller aufgezeichneten Fahrten sowie die Integration von Komoot.

Bosch bietet – lustigerweise in der Tat als In-App-Kauf – die Möglichkeit einer Schlüsselfunktion für das Kiox. Die Grundidee ist ganz gut, denn ohne (exakt Dein) Display unterstützt der Motor nicht mehr. Allerdings ist der Antrieb nicht irgendwie unterbrochen oder blockiert und das nicht-unterstützte Radeln durchaus möglich, wodurch der Mehrwert dieser Funktion mindestens zweifelhaft ist. Okay, der Ver- und Entriegel-Sound ist ganz geil…

Licht, Bremsen, Schaltung

Eine festintegrierte Beleuchtung war für mich ein Muss – ich habe keine Lust auf abnehmbare Lämpchen, die ich vergesse, verliere oder nicht auflade. Mit der Supernova-Beleuchtung (ja, die heißt wirklich so) bringt man auch in der dunklen Jahreszeit ausreichend Licht aus und wird gut gesehen. Die Spanninga Pimento sorgt für kräftiges Rotlicht am Heck. Optischer Supergau waren die orangenen Katzenaugen in den Rädern, die ich noch am ersten Tag durch stäbchenförmige Reflektoren an jeder Speiche ersetzt habe.

Wer schon vor dem Umstieg auf ein E-Bike schaltfaul unterwegs war, der wird danach erst recht nicht groß zum Zahnkranzwechsler. Möglich wären durch die Sram GX Eagle jedoch 12 Gänge. Die werden satt und sauber gewechselt, bisher gab es keine Probleme. Dennoch habe ich immer etwas Sorge vor Kettenabsprüngen oder ähnlichem und wäre eher der Nabenschaltungsfreund. Die Schalthebel sind etwas anders als bei Shimano üblich, nach kurzer Eingewöhnung finde ich den Gangwechsel hier aber sogar intuitiver.

Für sichere Negativbeschleunigung sorgen die gut dosierbaren hydraulischen Scheibenbremsen von Shimano (MT420) mit 180er Durchmesser. Alles im Griff hat man mit Griffen von Ergon. Aus dem gleichen Haus kommt auch der Sattel, der noch in der Bewährungsphase und vielleicht mal zu ersetzen ist. Anders als sonst ist in dieser Preisklasse wenigstens eine immerhin brauchbare Sitzgelegenheit dabei.

Gut gelöst ist die Halterung für das obligatorische Abus-Faltschloss, welche an der Sattelstütze hängt. Stört nicht, sieht gut aus und ist immer dabei.

Fazit

Nach den ersten drei Wochen bin ich noch immer begeistert vom Kalkhoff. Es ist gutmütig und gleichzeitig agil und macht in Stadt und Wald gleichsam eine gute Figur. Da ich auf einen weiteren Akku zur Reichweitenoptimierung verzichten kann und auch bei den Zulademöglichkeiten nicht an Grenzen stoßen werde, müsste ich nur noch den Popo-Komfort erhöhen.

Hinweis: Ich habe den Artikel selbst gekauft und der Anbieter nicht den Artikel. Man kann meine Meinung also Werbung nennen, muss es aber nicht. Wenn ich etwas berichtenswert finde, schreibe ich einfach drüber.

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Kommentare

  • Tom

    23.02.2021 11:08


    Cooles Bike! Viel Spaß.

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